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Von der „Hilfskasse“ zur führenden Fachbank für die Sozial- und Gesundheitswirtschaft

Von der Wohlfahrtspflege zur Sozial- und Gesundheitswirtschaft: Bei wechselnden Rahmenbedingungen bleibt die Bank immer an der Seite der Wohlfahrtspflege.

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Als die „Hilfskasse gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands GmbH“ am 10. März 1923 von den Wohlfahrtsverbänden und dem Wirtschaftsbund (Wibu) gegründet wird, ist das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz, durch das das Subsidiaritätsprinzip Eingang in die Sozialgesetzgebung findet, noch nicht einmal ein Jahr alt. Es stärkt die Stellung der Freien Wohlfahrtspflege, deren Arbeit nach dem Ersten Weltkrieg akut gefährdet ist: Die Zuwendungen und Spenden an die Einrichtungen sind versiegt, die Aufnahme von Darlehen ist viel zu teuer – und zugleich ist der Hilfebedarf in der Bevölkerung so groß wie nie. Der Ruf nach einer Einrichtung, die vor allem die Beschaffung, Gewährung und Vermittlung von Darlehen an gemeinnützige Wohlfahrtseinrichtungen professionell in die Hand nimmt, stößt so im Reichsarbeitsministerium auf offene Ohren. 

Die treuhänderische Vergabe von „Reichsmitteln zur Förderung der Freien Wohlfahrtspflege“ als mittelfristige Kredite ist viele Jahre die Hauptaufgabe der „Hilfskasse“. Sie findet nach dem Zweiten Weltkrieg und der Wiederzulassung der Hilfskasse ihre Fortsetzung im Jahr 1956 in einem „Anstaltskreditfonds“ des Bundes, aus dem die Hilfskasse Darlehen zur Beseitigung von Kriegsschäden vergeben kann. Bis 1974 schließt die Hilfskasse – später die Bank – mehr als 80 Verträge über zinslose Darlehen für die Wohlfahrtspflege mit dem Bund, ab 1960 ohne Zweckbindung. Ein Meilenstein folgt 1974: Die Bundeskreditmittel werden in einen revolvierenden Treuhandfonds umgewandelt. Diesen gibt es bis heute – und noch bis 2050! Er ist eines der Alleinstellungsmerkmale der Bank.

Bleibendes über 100 Jahre: Gesellschafter und Auftrag

Der Gründungsauftrag aus dem Jahr 1923 und der Satzungsauftrag der heutigen Bank für Sozialwirtschaft AG unterscheiden sich kaum.

Die Rolle der Bank als Treuhandkreditgeber der Freien Wohlfahrtspflege ist nicht das einzige, das über die 100 Jahre Unternehmensgeschichte geblieben ist. Auch der Gründungsauftrag aus dem Jahr 1923 und der Satzungsauftrag seit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft 1997 sind nahezu identisch. Beide umfassen neben dem klassischen Bankgeschäft betriebswirtschaftliche Beratung und Begleitung. Und die Anteilseigner der Bank für Sozialwirtschaft AG stammen noch 2023 zu mehr als 90 Prozent aus der Freien Wohlfahrtspflege.

Von der Hilfskasse zur Universalbank

Mitte der 60er Jahre beginnt mit der Aufnahme des Spargeschäftes und der nicht treuhänderischen Kreditvergabe an Einrichtungen und Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege die Entwicklung der BFS zur Universalbank. Obwohl der Aufsichtsrat bereits 1979 der Aufnahme des Immobiliengeschäftes zustimmt, vergibt die Bank erst ab den 90er Jahren selbst langfristige Darlehen. Zuvor werden Kredite mit einer Zinsbindung von mehr als 5 Jahren gegen Provision an andere Banken weitervermittelt. Mitte der 90er Jahre wird die eigene Kreditvergabe durch langfristige Kredite der Deutschen Ausgleichsbank (DtA) und Förderdarlehen der KfW ergänzt. Dies ist die Grundlage für ein immenses Wachstum der Bank. Die Finanzierung von Sozialimmobilien entwickelt sich zum Schwerpunkt im Kreditgeschäft. 

Ein starker Partner für ihre Kund*innen ist die BFS auch im Zahlungsverkehr. Dazu trägt wesentlich bei, dass die BFS ihren freigemeinnützigen Kunden durch das GUTE KONTO über viele Jahre eine äußerst attraktive Girokontoausstattung bietet. Auch ist sie sehr zeitig EDV-technisch gut aufgestellt und bringt bereits 1986 als erste deutsche Bank ein Zahlungsverkehrsprogramm für PC heraus. In der Anlageberatung ist die BFS schon früh gefordert, den speziellen Vorgaben ihrer gemeinnützigen Kund*innen gerecht zu werden. Deren Satzungen sehen oft eine risikoarme Anlagestrategie vor; im Bereich der Ordensgemeinschaften und Stiftungen sogar lange Zeit eine mündelsichere Anlage. Erst in den 2000er Jahren erweitern gemeinnützige Kund*innen ihr Anlagespektrum.

Die Entwicklung zu mehr Markt in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft

In den 70er und 80er Jahren kommen vor allem durch Selbsthilfegruppen und Initiativen neue Akteure im Sozialbereich hinzu. Das Monopol der Freien Wohlfahrtspflege wird zunehmend in Frage gestellt. Die Pluralisierung der Trägerlandschaft findet auch Eingang in die Sozialgesetzbücher: SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) und SGB XI (Sozialhilfe) sprechen nur noch von freien Trägern. Die Bank geht die Entwicklung mit und öffnet ihren Kundenkreis für die neuen Anbieter. Ihr Selbstverständnis bleibt jedoch bis weit in die 90er Jahre hinein das der „Fachbank der Freien Wohlfahrtspflege“.

„Kein anderer hätte einer Selbsthilfeorganisation in den 80er Jahren ein Konto gegeben.“

Claus Helmertwar bis Juli 2020 Finanzdirektor des Paritätischen Gesamtverbandes und Mitglied der Finanzkommission der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW).

In den neunziger Jahren halten Wettbewerb und Ökonomisierung Einzug in den Sozial- und Gesundheitsbereich. Die Sozialgesetzbücher und das Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gewähren gewerblichen Trägern Zugang zur Leistungserbringung. Leistungs- und Entgeltvereinbarungen ersetzen das Selbstkostendeckungsprinzip. Mit der Einführung der Pflegeversicherung werden im Pflegesektor – dem Hauptgeschäftsfeld der BFS – privat-gewerbliche Anbieter gemeinnützigen Trägern gleichgestellt. Es folgt eine Pluralisierung der Trägerlandschaft. Der Einzug von Betriebswirtschaft und Managementdenken sorgt für große Veränderungen in den verbandlichen Strukturen. Die Bank begleitet die Entwicklung auf mehreren Ebenen:

Sie öffnet sich strategisch für privat-gewerbliche Träger als Kunden. Und sie stärkt ihr Angebot an Fachvorträgen, Seminaren und Publikationen in der Bank und in der BFS Service GmbH noch einmal erheblich, um ihre Kunden auf dem Weg vom Sozial- und Gesundheitswesen in die Sozial- und Gesundheitswirtschaft zu begleiten und sie auf immer neue ökonomische und rechtliche Herausforderungen vorzubereiten. In den 2000er Jahren werden die Beratungsangebote ausgebaut – zunächst in der IS Immobilien-Service GmbH, ab 2016 verstärkt in der neu ausgerichteten BFS Service GmbH. Bei der Professionalisierung des Fundraising unterstützt die BFS ihre Kunden als Spendenbank, indem sie bereits Anfang der 90er Jahre innovative Instrumente für das online-Fundraising auf den Markt bringt.

„Wir haben Kunden, die etwas Gutes machen, und wenn man den Kunden dabei hilft, das Gute zu finanzieren, dann finde ich, ist das ein Gefühl, da kann man abends ganz gut mit ins Bett gehen.“

Dietmar Krügerwar von 1997 bis 2014 Mitglied des Vorstandes der Bank für Sozialwirtschaft AG.

Im Mittelpunkt steht dabei die Beurteilung der Zukunftsfähigkeit von Investitionsvorhaben, vor allem in der Altenhilfe und im Krankenhaussektor. Denn eine valide Einschätzung der Finanzierungsvorhaben für eine langfristigen Kreditvergabe wird immer schwieriger: Zum einen sind die ordnungs- und leistungsrechtlichen Rahmenbedingungen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zu beachten, zum anderen werden Standorte, Wettbewerbssituation und Geschäftsmodelle der Träger entscheidend.

„Das Besondere an der BFS ist aus meiner Sicht die Branchenkompetenz und diese Kombination von Professionalität und Menschlichkeit.“

Christian Kochnpo consult, ist seit fast 30 Jahren Referent und Autor der BFS und der BFS Service GmbH.

Die BFS schärft damit noch einmal ihre Branchenkompetenz und ihre Wahrnehmung als führende Fachbank für die Sozial- und Gesundheitswirtschaft. Durch die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft schafft sie 1997 die Grundlagen für das immense Kreditwachstum, das sie als Spezialistin für die Finanzierung von Sozialimmobilien  anschließend über viele Jahre verzeichnet.

Die Folgen der Finanzmarktkrise

Ihr Alleinstellungsmerkmal im wachsenden Bankenwettbewerb bleibt, dass sie bundesweit die einzige Bank ist, die ausschließlich mit institutionellen Kund*innen aus den Branchen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft arbeitet. So kann sie während der Finanzmarktkrise ab 2007 auch nicht die zahlreichen Anfragen von Menschen erfüllen, die auf der Suche nach einem vertrauenswürdigen Kreditinstitut bei der Sozialbank Kund*innen werden möchten. Zugleich bleiben ihre Chancen als Spezialkreditinstitut im Wachstumsmarkt Sozial- und Gesundheitswirtschaft hervorragend.

Die Folgen der Finanzmarktkrise mit einer über Jahre andauernden Niedrigzinspolitik der EZB  und stark steigenden Kosten wegen wachsender regulatorischer Vorgaben bringen jedoch mit sich, dass die Bank nach dem Generationswechsel im  Vorstand 2014 verstärkt Möglichkeiten der Ausweitung von Ertragspotenzialen über das klassische Bankgeschäft hinaus in den Blick nimmt. Aber das ist eine andere Geschichte.

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