Die Gründung der „Hilfskasse gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands GmbH“ 1923 rettet die Wohlfahrtspflege in schwerer Zeit.
Deutschland ist nach dem Ersten Weltkrieg ein Land in der Krise – politisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich. Überall fehlt es am Nötigsten, zudem schreitet die Inflation zügig voran. Auch die Träger der freien Wohlfahrtspflege leiden unter den desaströsen Umständen und sehen sich gleichzeitig einem „Millionenheer von Hilfsbedürftigen“ gegenüber. Doch mit der Rolle des „hilflosen Helfers“ wollen sie sich nicht abfinden, sondern mit neuen Ideen und geeinten Kräften eine Lösung suchen.
Und das tun sie dann auch. Die Initiative dazu ergreift der „Wirtschaftsbund gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands e.G.m.b.H.“, der seit 1920 als genossenschaftlich organisierter Einkäufer von Lebensmitteln und Gebrauchsgütern für fast 1.300 wohltätige Organisationen fungiert. Am 16. Januar 1923 schreibt er – zusammen mit der „Inneren Mission der deutschen evangelischen Kirche“, dem „Deutschen Caritasverband“, dem „Deutschen Roten Kreuz“, der „Vereinigung der freien privaten gemeinnützigen Kranken- und Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands“ und der „Zentralwohlfahrtsstelle der Deutschen Juden“ – an Reichsarbeitsminister Heinrich Brauns. Angesichts der katastrophalen Verhältnisse stünden die vorhandenen Mittel „in gar keinem Verhältnis zu den Ansprüchen“. Der „freien Liebstätigkeit“, gemeint ist die Wohlfahrtspflege, fehle ein Gönner, „der das erforderliche Darlehen gibt“. Um ein solches bittet man deshalb ziemlich direkt. Ein noch besseres Mittel zur Behebung der Notlage würde allerdings „in einer Einrichtung zu erblicken sein, durch die eine weitgehende Kreditgewährung an diese Anstalten selbst ermöglicht würde“.
Beim Minister stößt das Ansinnen auf offene Ohren. Die Initiatoren treffen sich am 2. Februar mit Vertretern des Ministeriums im Hotel Continental zu einer Sitzung. Eine weitere findet genau einen Monat später statt – und dann geht alles ganz schnell: Am 10. März 1923 finden sich Vertreter der initiativen Organisationen beim Berliner Notar Dr. Fritz Lamm ein und gründen die „Hilfskasse gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands GmbH“. Das Stammkapital in Höhe von 800.000 Mark stammt als zinsgünstiges Darlehen aus der Kasse des Wirtschaftsministeriums. Satzungsgemäße Tätigkeiten der Gesellschaft sind die „Beschaffung von In- und Auslandsmitteln zur Gewährung von Darlehen an gemeinnützige Wohlfahrtseinrichtungen, die Gewährung und Vermittlung von Darlehen an gemeinnützige Wohlfahrtseinrichtungen, die Verwaltung von Sparguthaben gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen und die Beratung gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht“.
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Von 1923 bis 2023
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