Nach 1945 kämpft die Hilfskasse fast ein Jahrzehnt lang um ihre volle Handlungsfähigkeit.
Als im Mai 1945 die Waffen schweigen, steht die Hilfskasse im doppelten Sinn vor dem Nichts. Ihr Gebäude in Berlin ist weitgehend zerstört. Und: Der Magistrat von Berlin erlässt eine „Ruhensanweisung“. Das heißt: Alle Kreditbanken müssen ihren Geschäftsbetrieb einstellen. Darüber hinaus verfügt die Sowjetische Militäradministration im Juli 1945, dass private Banken in ihrer Besatzungszone geschlossen werden und ihr Vermögen beschlagnahmt wird.
Dem entgeht die Hilfskasse zwar durch Verlegung ihres Sitzes in den Westteil Berlins – doch anders als in den westdeutschen Besatzungszonen gilt dort die „Ruhensanweisung“. Erlaubt ist ihr lediglich, ihre bestehenden Altvermögen zu verwalten.
Kurz erwägt die Hilfskasse, die Beschränkungen zu umgehen und sich unter anderem Namen neu zu gründen, entscheidet sich dann aber für einen anderen Schritt: „Um den immer dringlicher werdenden Anforderungen […] künftig wieder gerecht werden zu können“, so Direktor Liebchen, gründet sie 1948 in Köln eine Zweigniederlassung. Durch die schleppende Eintragung ins Handelsregister wird jedoch eine wichtige Frist versäumt; die „Bank deutscher Länder“ verweigert deshalb die Anerkennung als sogenanntes „verlagertes Kreditinstitut“. Immerhin ist es der Hilfskasse jetzt aber möglich, in begrenztem Umfang beratend tätig zu werden und Kredite an gemeinnützige Organisationen zu vermitteln.
Ab 1948 beschäftigt sich die Hilfskasse nicht nur mit der Umstellung ihrer Vermögenswerte auf die neu eingeführte D-Mark. Sondern auch mit der Frage, welche Gesellschafter außer der „Inneren Mission“, dem Deutschen Roten Kreuz und dem Caritasverband künftig in ihr vertreten sein sollen. Die NS-Organisation „Fünfter Wohlfahrtsverband“ existiert nicht mehr und die „Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden“ wurde 1934 aufgelöst. Anstelle des „Fünften Wohlfahrtsverbandes“ wird der neu gegründete „Deutsche Paritätische Wohlfahrtsverband“ als Gesellschafter aufgenommen, nicht aber, wie zeitweise angedacht, die „Arbeiterwohlfahrt“ AWO. Deren finanzielle Situation lässt nach Auffassung der Hilfskasse keinen „Anreiz auf Beteiligung erkennen“. Es werden noch Jahre vergehen, bis auch die Gründungsgesellschafter AWO und die 1951 neu gegründete „Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland“ (ZWST) sich an der Hilfskasse beteiligen und diese damit erneut alle wichtigen Wohlfahrtsverbände unter ihrem Dach vereint.
Bis die Hilfskasse voll funktionsfähig ist, also auch neue Kreditgeschäfte abschließen kann, müssen vor allem Walter Liebchen, Dr. Karl Bleckert und der Aufsichtsratsvorsitzende Anton Wopperer noch jahrelang um das große Ziel kämpfen. Mit Erfolg – am 25. Mai 1954 teilt das „Aufsichtsamt für Banken Berlin“ mit, dass die Hilfskasse wieder zum Neugeschäft zugelassen ist.
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Von 1923 bis 2023
6 Themenschwerpunkte verweisen darauf, in welchen Rollen die Bank für Sozialwirtschaft in den letzten 100 Jahren gemeinsam mit ihren Kund*innen und Gesellschaftern gewirkt hat.