Direktor Walter Liebchen leitet und prägt die „Hilfskasse“ mehr als vier Jahrzehnte lang.
Walter Liebchen absolviert eine Ausbildung zum Bankkaufmann, bevor er 1914 als 19-Jähriger zum Militärdienst eingezogen wird. Den gesamten Ersten Weltkrieg verbringt er an der Front. Zeitweise wird er in einer Zweigstelle der Generalkriegskasse eingesetzt, nach dem Krieg wird er in noch jungen Jahren Prokurist bei einer Berliner Privatbank. In gleicher Funktion tritt er 1924, ein Jahr nach der Gründung, in die „Hilfskasse“ ein. Seinem Fleiß und seinem Können, aber auch seinem von Herzen kommenden Engagement für die Aufgaben der Freien Wohlfahrtspflege im Allgemeinen und der „Hilfskasse“ im Besonderen ist es zu verdanken, dass er nach dem Weggang von Dr. Josef Sturm bereits 1928 zum Geschäftsführer berufen wird.
Eine hervorragende Wahl, wie sich in den nächsten vier Jahrzehnten immer wieder zeigen wird. Seit 1930 mit dem Titel „Direktor“ ausgestattet, führt er die „Hilfskasse“ umsichtig und mit enormer Arbeitskraft durch die Weltwirtschaftskrise und die NS-Zeit. 1941 muss er allerdings zum Kriegsdienst antreten – sein Direktorenposten bei der „Hilfskasse“ ruht nun.
Als er im April 1946 aus der britischen Kriegsgefangenschaft zurückkehrt, liegt die „Hilfskasse“ in Trümmern: Das Gebäude in Berlin ist zerbombt und die Handlungsfähigkeit eingeschränkt, denn die „Hilfskasse“ hat keine Bankzulassung und kaum mehr Mitarbeiter. Die wenigen müssen sich mühsam mit der Pflege von Altbeständen befassen. In dieser schwierigen Phase erweist sich Walter Liebchen als der unermüdliche, gleichzeitig auch optimistische Mann der Tat, dem es gelingt, andere zu motivieren und zu überzeugen. Beim 25-jährigen Jubiläum der „Hilfskasse“ 1948 setzt er den Ton: „Wir dürfen die Hände trotz aller Trübnisse nicht in den Schoß legen und müssen im Großen wie im Kleinen wieder daran arbeiten, unseren Weg in die Zukunft zu finden.“
Direktor Liebchen ist in der Folgezeit maßgeblich daran beteiligt, dass dieser Weg gefunden wird. Die Gründung der Niederlassung in Köln und die Bewältigung der Währungsreform 1948, vor allem die Wiederzulassung zum Bankgeschäft, die 1954 nach zähem Ringen erteilt wird, aber auch der Einstieg in das Spargeschäft in den 1960er-Jahren: All diese Meilensteine sind untrennbar mit dem Namen Walter Liebchen verbunden.
In Würdigung seiner Verdienste wird ihm 1963, zum 40. Jubiläum der „Hilfskasse“, das Verdienstkreuz Erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Als Walter Liebchen Ende 1967 in den Ruhestand geht, hinterlässt er nicht nur ein wohl bestelltes Haus, sondern hat auch schon die nächste Generation von Führungspersönlichkeiten an ihre Aufgaben herangeführt. Nach seinem Tod 1981 würdigt ihn ein Nachruf als Mann mit „vornehmer Gesinnung, menschlicher Güte und lauterem Charakter“.
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Von 1923 bis 2023
6 Themenschwerpunkte verweisen darauf, in welchen Rollen die Bank für Sozialwirtschaft in den letzten 100 Jahren gemeinsam mit ihren Kund*innen und Gesellschaftern gewirkt hat.