MeilensteineGeschichte 015

Vom zweiten Standbein zum ersten: Die Niederlassung in Köln

Ursprünglich als Ausweichstandort realisiert, schlägt am Standort Köln heute das Herz der Bank für Sozialwirtschaft.

  • Veröffentlicht:
  • Lesezeit: 6 Minuten

Der Entschluss, 1948 eine Zweigstelle der „Hilfskasse“ in Köln zu errichten, ist buchstäblich aus der Not geboren. In Berlin unterliegt die Bank einer „Ruhensanweisung“, das heißt, sie darf keine Bankgeschäfte tätigen. Die Niederlassung Köln soll „dem westdeutschen Bereich der Verbände, Anstalten und Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge und Wohlfahrtspflege eine leichtere Möglichkeit geben, sich in ihren finanziellen Angelegenheiten wieder unseres Institutes zu bedienen“, fasst ein Schreiben der „Hilfskasse“ vom 23. September 1949 zusammen. Die Tätigkeit der neuen Zweigstelle beinhaltet die Versorgung mit Krediten, ihre treuhänderische Verwaltung sowie die „Beratung der Anstalten in wirtschaftlicher und finanzieller Beziehung“.

Pastor Dr. Dr. h. c. Otto Ohl ist von 1948 bis 1973 ehrenamtlicher Geschäftsführer der „Hilfskasse“ und verantwortlich für die Niederlassung in Köln.

Carl Franz Schneider ist von 1948 bis 1952 ehrenamtlicher Geschäftsführer der „Hilfskasse“ in Köln.

Ab 1949 kümmert sich der spätere Direktor Karl Bleckert um den Aufbau des Kölner Standortes.

Allerdings sind normale Bankgeschäfte dann anfangs auch in Köln nicht möglich, weil die Eintragung im Handelsregister erst nach Ablauf einer entsprechenden Frist erfolgt. Als Folge davon erhält der Kölner Standort zunächst nicht die juristische Anerkennung als „Zweigniederlassung“ und ist hauptsächlich beratend tätig. Als ehrenamtliche Geschäftsführer werden Dr. Otto Ohl und Carl Franz Schneider bestellt. Ab 1949 kümmert sich der spätere Direktor, Karl Bleckert, um den Aufbau des Kölner Standortes. Mittlerweile dürfen dort zumindest Wiederaufbaudarlehen an gemeinnützige Organisationen vermittelt und Gutachten für Bundesbürgschaften erstellt werden.

Bescheidene Anfänge

Im Mai 1954 wird die „Hilfskasse“ wieder zum Neugeschäft zugelassen und im August erhält sie vom Wirtschaftsministerium die Erlaubnis „zur Errichtung einer Zweigniederlassung in Köln“. In der Folge siedelt die „Hilfskasse“ neben der örtlichen Geschäftsstelle einzelne Zentralabteilungen in Köln an. Auch einer der Geschäftsführer hat dort regelmäßig seinen Sitz.

1971 bezieht die Niederlassung nach mehreren vorausgegangenen Umzügen in der Mohrenstraße ein eigenes Gebäude, doch schon bald müssen zusätzliche Räume in der Nachbarschaft angemietet werden. Gründe dafür sind das enorme Wachstum der Bank und die 1974 getroffene Entscheidung, den Standort Köln zum zweiten juristischen Sitz der BFS zu machen. Dadurch entstehen in Köln neue Abteilungen und Arbeitsplätze. 1976 kauft die BFS deshalb ein für Kunden wie Mitarbeitende verkehrsgünstig gelegenes Grundstück in der Wörthstraße, auf dem bis 1980 ein großzügiger Neubau entsteht, der bereits zehn Jahre später aufgestockt wird. 

Erstes eigenes Haus der BFS Köln in der Mohrenstraße 7-9 , 1971

1980 bezieht die BFS Köln einen Neubau in der Wörthstraße 15-17.

Nachdem auch das Gebäude in der Wörthstraße zu klein geworden ist, beziehen die Zentrale und die Geschäftsstelle Köln der Bank 2017 ein neu errichtetes Gebäude am Konrad-Adenauer-Ufer 85 in Köln.

Die Geschäftsstelle Köln als Wachstumsmotor

Der ständig steigende Mitarbeitenden- und Platzbedarf hat außer dem zweiten juristischen Sitz der BFS einen weiteren Grund: 30 Jahre ist in Köln neben Berlin mit seiner „Insellage“ die einzige Niederlassung der BFS in der Bundesrepublik. Entsprechend wird der größte Teil der Bankgeschäfte über die Niederlassung in Köln abgewickelt, zumal viele Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege ihren Sitz oder eine Vertretung in der nahen Bundeshauptstadt Bonn haben. So kann die Geschäftsstelle Köln ihre Bilanzsumme allein in den Jahren 1976 bis 1981 von rund 564 auf rund 845 Millionen D-Mark erhöhen; im selben Zeitraum steigen die Kundeneinlagen von gut 255 auf fast 443 Millionen und die vergebenen Eigenkredite von knapp 95 auf beinahe 230 Millionen D-Mark. Einen nicht unwesentlichen Anteil an dieser positiven Entwicklung hat Norbert Küsgen. Er tritt 1977 bei der BFS in Köln ein, wird schon bald Abteilungsleiter Kredit, später Geschäftsstellenleiter mit Prokura, ab 1994 mit dem Titel Direktor. Bis zu seinem Ausscheiden in den Ruhestand im Oktober 2013 trägt er die Verantwortung für die Geschäftsstelle Köln.

Norbert Küsgen begrüßt die Kund*innen zum Neujahrsempfang 1992.

Die Neujahrsempfänge der Geschäftsstelle Köln sind beliebte Treffpunkte der Kund*innen.

In den neunziger Jahren gestalten alle Mitarbeiter*innen vor den Neujahrsempfängen ihre Büros für die Gäste um.

Legendär ist seine sehr aktive Kundengewinnung: Bei jeder sich bietenden Gelegenheit spricht er potenzielle Kunden aus der Sozialwirtschaft direkt an und legt ihnen eine Zusammenarbeit mit der BFS nahe. Und es gibt viele Gelegenheiten: Zum einen ist Norbert Küsgen in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft im Rheinland sehr gut vernetzt und wird von vielen Kunden geschätzt. Zum zweiten sorgt er mit einem jährlichen Neujahrsempfang, für den viele Jahre jeweils alle Mitarbeiter*innen ihre Büros umgestalten und festlich dekorieren, für einen beliebten Treffpunkt der Kund*innen, der regelmäßig bis in die Morgenstunden dauert. Zum dritten lädt er die Kund*innen mehrmals im Jahr zu Vortragsveranstaltungen mit aktuellen Fachthemen und anschließendem Imbiss in die 6. Etage der BFS in der Wörthstraße ein.  Mehr als 100 Teilnehmende sind keine Seltenheit.

„Das Besondere an der BFS ist tatsächlich der besondere Kontakt, das sind die Menschen hier. Das habe ich letztendlich auch immer so erlebt.“

Irmgard Nolteist Gründerin und Vorständin der neues handeln AG, Köln/Berlin, und seit mehr als 20 Jahren Kundin der Geschäftsstelle Köln.

„Eine langjährige und durch starkes Vertrauen geprägte Zusammenarbeit, die sich zu einer Partnerschaft entwickelt hat, auf die wir uns verlassen können. Wer professionell helfen will, muss professionell aufgestellt sein und benötigt professionelle Partner eben auch bei wirtschaftlichen und finanziellen Fragestellungen.“

Marius Mainzer und Horst Molenaarsind Mitglieder des Regionalvorstandes der Johanniter-Unfall-Hilfe, Regionalverband Köln/Leverkusen/Rhein-Erft.

Markus Weber ist als Regionaldirektor West seit 2019 verantwortlich für die Geschäftsentwicklung in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland. Zugleich leitet er die Geschäftsstelle Köln.

Die Tradition beliebter Netzwerkveranstaltungen mit Kund*innen setzt später Markus Weber fort, der 2018 als Geschäftsstellenleiter nach Köln kommt. Heute sind es Sommerfeste in attraktiven Locations, die die Kund*innen anziehen – nach der Unterbrechung durch die Corona-Pandemie das nächste Mal im Juni 2023: Die Geschäftsstelle Köln feiert parallel zum 100. Geburtstag der Bank ihr 75-jähriges Jubiläum!

Beim sukzessiven Aufbau von weiteren Geschäftsstellen in den alten Bundesländern ab 1978 leistet die Kölner Geschäftsstelle mit ihrer breiten Kundenbasis einen wesentlichen Beitrag. Immer wieder gibt sie bei der Gründung neuer Geschäftsstellen Kund*innen und Geschäftsvolumina an die neuen Geschäftsstellen ab. Durch die vielfältigen Akquisitionsmöglichkeiten im dicht besiedelten Rheinland und die sehr aktive Ansprache durch die Kölner Kundenbetreuer*innen, von denen einige seit vielen Jahren in der Kölner Geschäftsstelle sind und so langjährige gute Kundenbeziehungen pflegen, wächst die Geschäftsstelle Köln dennoch immer weiter. 

Bis heute ist sie die bundesweit größte Geschäftsstelle. Daher ist hier seit 2019 die Regionaldirektion West angesiedelt, die für die Geschäftsentwicklung in Nordrhein-Westfalen, Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland verantwortlich ist und von Markus Weber geleitet wird.

Der Standort Köln ist mehr als nur eine Geschäftsstelle

Während die Geschäftsstelle Köln immer mehr Kunden gewinnt, entstehen zwischen den Standorten Köln und Berlin durchaus Konkurrenzsituationen, etwa wenn es um neue Zentralabteilungen oder Tochtergesellschaften geht. Auch gibt es zwischen dem in Köln sitzenden BFS-Geschäftsführer Karl Klerx und seinem Berliner Kollegen Heinz-Bodo Lucke neben großen Mentalitätsunterschieden gelegentlich auch inhaltlich differierende Auffassungen. Solange die DDR existiert und Berlin in vielerlei Hinsicht eine abgelegene Insellage einnimmt, gelingt es Karl Klerx immer wieder, Kompetenzen und Zuständigkeiten in Köln anzusiedeln. So etwa, als 1988 die erste Tochtergesellschaft der BFS, die „Betriebs- und Finanzwirtschaftlicher Service GmbH“ gegründet wird und – mit ihm als Geschäftsführer – in Köln ihren Betrieb aufnimmt. Dort wird 1991 auch die neu geschaffene Kreditzentrale der BFS eingerichtet, die unter der Leitung des späteren Geschäftsführers Dietmar Krüger alle Kreditnehmer der BFS in einer zentralen Datenbank prüft, bewertet und für das Bankenaufsichtswesen registriert. 

Noch bedeutender und größer wird der Standort Köln, als die Geschäftsführung der BFS 1996 entscheidet, dort alle Stabsstellen in einer Zentrale zu bündeln. In den Folgejahren wachsen mit der sehr positiven Geschäftsentwicklung der gesamten Bank auch die dort ansässigen oder neu entstehenden Zentralabteilungen. Neben den wachsenden Anforderungen an eine moderne, kundenorientierte Bank und steigenden Geschäftsvolumina tragen dazu vor allem die Folgen der Finanzmarktkrise von 2007/08 bei. Stark zunehmende regulatorische Anforderungen führen dazu, dass ganze Abteilungen wie etwa Compliance oder Meldewesen neu entstehen, andere – vor allem im Bereich Marktfolge und Unternehmenssteuerung – erheblich wachsen. Die strategische Neuausrichtung der Bank nach dem Vorstandswechsel 2014 führt zudem dazu, dass das Vertriebsmanagement deutlich gestärkt wird. Vor diesem Hintergrund entscheidet sich die BFS erneut für die Errichtung eines zeitgemäßen Neubaus. 2017 ziehen die Zentrale und die Kölner Geschäftsstelle an das Konrad-Adenauer-Ufer.

Der Artikel hat Ihnen gefallen? Jetzt teilen!

Keinen Beitrag mehr verpassen?

JETZT NEWSLETTER ABONNIEREN UND IMMER AUF DEM LAUFENDEN BLEIBEN

Newsletter abonnieren

Weitere Geschichten

Weitere Geschichten

Von 1923 bis 2023

100 GESCHICHTEN IN 6 THEMENSCHWERPUNKTEN

6 Themenschwerpunkte verweisen darauf, in welchen Rollen die Bank für Sozialwirtschaft in den letzten 100 Jahren gemeinsam mit ihren Kund*innen und Gesellschaftern gewirkt hat.


© 2024 Bank für Sozialwirtschaft Aktiengesellschaft – Alle Rechte vorbehalten

  • Diese Webseite wurde realisiert von

Diese Webseite wurde realisiert von