MeilensteineGeschichte 065

Strategische Neuausrichtung der BFS

Mitte der 90er Jahre macht sich die BFS auf den Weg von der Fachbank der Freien Wohlfahrtspflege zur führenden Fachbank für die Sozialwirtschaft.

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Im September 1993 diskutiert Geschäftsführer Karl Klerx Überlegungen zu „Zukunftsfragen der BFS“ mit dem Aufsichtsrat. Vor allem geht es hier um den Kapitalbedarf angesichts des fortschreitenden Wachstums der Bank und die künftige geschäftspolitische Zielsetzung. Unter anderem wird die Idee eines 7. Gesellschafters oder einer Beteiligungsgesellschaft besprochen. Zwei Jahre später ist bereits deutlich, dass die Wohlfahrtspflege vor einem tief greifenden Wandel steht, der mehr Wettbewerb, neue privat-gewerbliche Marktakteure und mehr Management im Sozialbereich mit sich bringen wird. Die BFS, so die Botschaft an den Aufsichtsrat, sollte die Chancen ihrer Branchenkompetenz, ihrer Erfahrung und die Potenziale ihres Namens „Bank für Sozialwirtschaft“ nutzen, um sich von der Fachbank der Freien Wohlfahrtspflege zur Fachbank für die gesamte Sozialwirtschaft weiterzuentwickeln. Dabei sollte der Blick über Deutschland hinaus nach Europa gerichtet werden, da man davon ausgeht, dass der Europäische Binnenmarkt neue Möglichkeiten mit sich bringen wird.

Karl Klerx, 1971 bis 1995 Geschäftsführer der BFS, formulierte 1993 grundlegende Ideen zur Weiterentwicklung der Bank.

Dr. Rudolf Hammerschmidt, seit 1995 Geschäftsführer und von 1997 bis 2014 Vorstand der BFS, setzt die strategische Neuausrichtung der Bank erfolgreich um.

Zentralisierung der Stabsstellen nach Köln und AG-Umwandlung

Die Weiterführung und Umsetzung dieser Ideen wird vor allem von Dr. Rudolf Hammerschmidt vorangetrieben, der 1994 aus dem Aufsichtsrat als Generalbevollmächtigter in die BFS wechselt und nach dem Ausscheiden von Karl Klerx 1995 Geschäftsführer wird. Um die internen Ressourcen der Bank besser nutzen zu können und Entscheidungswege zu verkürzen, beschließt die Geschäftsführung – bestehend aus Dieter Böge, Dr. Rudolf Hammerschmidt und Dietmar Krüger – 1996 zunächst, die bis dahin auf Berlin und Köln verteilten Stabsabteilungen in Köln zu zentralisieren. In den Folgejahren ziehen die Mitarbeiter*innen der Berliner Stabsabteilungen sukzessive nach Köln. Berlin bleibt juristischer Firmensitz. Kurz darauf folgt der Aufsichtsrat der Idee, den Bedarf der Bank nach mehr Eigenkapital durch die Gründung einer Aktiengesellschaft zu erfüllen und durch die Möglichkeit von Kapitalerhöhungen die Voraussetzung für ein weiteres Wachstum des Unternehmens zu schaffen. Die Umwandlung der Rechtsform von einer AG in eine Aktiengesellschaft wird am 25. Juli 1997 vollzogen.

Ziel: Führende Fachbank für die Sozialwirtschaft

Damit sind bereits wichtige Voraussetzungen für die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der BFS geschaffen. Als strategisches Ziel gibt der Vorstand aus: Die Bank für Sozialwirtschaft soll die führende Fachbank für die gesamte Sozialwirtschaft werden. Was ist konkret zu tun, um dieses Ziel zu erreichen? Zu dieser Frage startet 1997 ein umfassender Prozess der strategischen Neuausrichtung, dessen Umsetzung bis weit in die 2000er Jahre reicht. Im ersten Schritt werden in allen Geschäftsstellen Workshops zur Zukunft der Bank durchgeführt. Anschließend wird ein umfangreiches Projekt aufgesetzt, das vom „Zentrum für ertragsorientiertes Bankmanagement (zeb)“, Münster, begleitet wird. 

Auf der Basis von umfassenden Rentabilitäts-, Potenzial-, Ressourcen- und Umfeldanalysen werden strategische Optionen u.a. für die Weiterentwicklung des Produkt- und Dienstleistungsangebots, neue Vertriebswege und Zielkundengruppen, eine Optimierung der Konditionenpolitik und der internen Strukturen entwickelt. Eine wesentliche Grundlage aller Weiterentwicklungen ist die Einführung des integrierten Gesamtbanksteuerungs-Instruments „zeb control“. Die für „zeb control“ erarbeitete einheitliche Datenbasis macht unter anderem die Erfolge der einzelnen Geschäftsstellen und die unter Ertragsgesichtspunkten interessanten Zielkundengruppen sichtbar. Erstmals ist damit eine aktive Steuerung des Kundengeschäfts möglich.

Die vorläufigen Ergebnisse des Projektes zur strategischen Neuausrichtung wurden allen Mitarbeiter*innen der BFS im Rahmen einer Klausurtagung anlässlich des 75-jährigen Jubiläums der Bank im Mai 1998 vorgestellt. In Workshops hatten alle die Möglichkeit, ihre Ideen einzubringen.

Zu den Ergebnissen der Klausurtagung wurde jedem Mitarbeitenden eine umfangreiche Dokumentation zur Verfügung gestellt.

Konkrete Maßnahmen der strategischen Neuaufstellung

Darüber hinaus werden intern Strukturen und Abläufe auf das angestrebte Wachstum der Bank vorbereitet: Die Geschäftsstellen werden zu Profit-Centern, die Aufbauorganisation wird modifiziert, interne Tagungen und Informationswege neu strukturiert. Es werden Schulungs- und Personalentwicklungskonzepte eingeführt und der Know-how-Aufbau zu den Kundenbranchen durch die Einführung eines sozialwirtschaftlichen Researchs systematisiert. Denn neben den bankfachlichen Kompetenzen sind die Kenntnisse zu den Besonderheiten der Geschäftsfelder und Anbieter bis heute wesentlich für das Profil als Fachbank. 

Der Geschäftsbericht 2010 zeigt das Kreditwachstum der letzten 20 Jahre.

Um für die Kunden attraktiver zu werden, baut die BFS ihr Produkt- und Dienstleistungsportfolio sukzessive aus, optimiert ihre Vertriebsstruktur und erweitert ihre Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen. Vor allem im Kreditgeschäft und für die Zielgruppe der Spendenorganisationen werden zahlreiche neue Angebote geschaffen, z. B. Forward-Darlehen, inkongruente Finanzierung und Online-Factoring sowie Tools für das Online-Fundraising. Zudem beginnen bereits im Jahr 2000 Vorbereitungen zur Einführung einer neuen Bankensoftware. Diese werden jedoch erst im Juli 2006 mit der Einführung von SAP abgeschlossen. 

In den 2000er Jahren kann die BFS von der steigenden Kreditnachfrage aus den Sozial- und Gesundheitswirtschaft stark profitieren: Das langfristig Kreditgeschäft wächst jahrelang zweistellig; die BFS entwickelt sich zum Spezialfinanzierer von Sozialimmobilien. Als „Spendenbank“ erwirbt sie in dieser Zeit zudem ein einmaliges Profil in der Sozialwirtschaft. Das Ziel, die führende Fachbank in der Sozial- und Gesundheitswirtschaft zu werden, wird erreicht. Auch die Finanzmarktkrise ab 2008 ändert daran nichts.

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