EinzigartigkeitGeschichte 054

Eine wichtige Episode: die Bürgschaftsbank

Die von der BFS initiierte Bürgschaftsbank für Sozialwirtschaft (BBfS) erleichtert nach der Wende die Kreditvergabe in den neuen Bundesländern.

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Nach der deutschen Wiedervereinigung zeigt sich in den neuen Bundesländern hinsichtlich der Kreditvergaben ein strukturelles Problem: Nicht nur besteht wegen des teilweise sehr schlechten Zustandes vieler sozialer Einrichtungen ein hoher Investitionsbedarf. Vielmehr fehlt es oft an Eigenkapital und Sicherheiten. Direktor Karl Klerx weist deshalb bereits im Februar 1991 in einem Schreiben an alle Geschäftsführer und Aufsichtsräte der BFS mit deutlichen Worten auf den Kern der Problematik hin: „Die unklaren Eigentumsverhältnisse sowie der katastrophale Zustand der Grundbuchämter machen […] deutlich, daß in der Regel bankübliche Sicherheiten für die Aufnahme von Kapitalmarktdarlehen nicht gestellt werden konnten.“ Sein Vorschlag zur Bewältigung der Herausforderung: die Gründung einer Bürgschaftsbank. Und zwar nicht als Tochtergesellschaft der BFS, sondern als Schwestergesellschaft zusammen mit den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege.

„Es besteht kein Zweifel, daß die Gründung einer Bürgschaftsbank für Sozialeinrichtungen in der heutigen Zeit ebenso nottut wie die Gründung der Hilfskasse gemeinnütziger Wohlfahrtseinrichtungen Deutschlands im Jahr 1923.“

Karl Klerx1971 bis 1995 Geschäftsführer der BFS, in seinem Konzeptionspapier zur Gründung der Bürgschaftsbank 1991

Erneut gründen die Wohlfahrtsverbände eine Bank – jetzt gemeinsam mit der BFS 

Vorteile wären unter anderem, dass zumindest einige der Gesellschafter der BFS in der Lage seien, die für eine derartige Bürgschaftsbank nötige Kapitalausstattung aufzubringen. Ferner könne mit einer Bürgschaftsübernahme ein Vielfaches der Einlagen an Kreditvolumina abgesichert werden. Und schließlich könnten durch die „Gemeinsamkeit der Gesellschafter sowohl der BFS als auch der Bürgschaftsbank auch die Interessen beider Gesellschaften als Instrument der Freien Wohlfahrtspflege wechselseitig und optimal sich ergänzend aufeinander abgestimmt werden“. 

Nach intensiven Vorbereitungen wird die Bürgschaftsbank für Sozialwirtschaft GmbH (BBfS) im August 1992 in Köln gegründet. Geschäftszweck der BBfS ist es, sozialen Einrichtungen und Organisationen vor allem in den neuen Bundesländern durch Bankbürgschaften die banküblichen Sicherheiten zu geben, die Voraussetzung für eine Kreditaufnahme sind. Gesellschafter sind die gleichen sechs Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege wie bei der BFS, zusätzlich ist die Sozialbank selbst als größter Gesellschafter vertreten. Und sie stellt – nicht zuletzt aus Kompetenzgründen – auch das Führungspersonal. Dietmar Krüger, bisher Abteilungsleiter der Kreditzentrale der BFS in Köln, wird vom Aufsichtsrat neben seinen bisherigen Aufgaben dazu berufen, die Bürgschaftsbank für Sozialwirtschaft aufzubauen und für ein Jahr als Geschäftsführer zu leiten.

Dietmar Krüger, Vorstand der Bank für Sozialwirtschaft AG von 1997 bis 2014, übernahm 1992 den Aufbau und die Geschäftsführung der Bürgschaftsbank.

Die BBfS kommt – und geht – zur rechten Zeit

Dass die Gründung der BBfS richtig und wichtig war, wird an dem rasch wachsenden Geschäftsvolumen deutlich. Allein im Jahr 1996 genehmigt sie 105 Bürgschaften in Höhe von 66,1 Millionen D-Mark, die in einer Hebelwirkung ein Projektvolumen von 311,9 Millionen D-Mark ermöglichen. Der mit Abstand größte Anteil der Bürgschaften entfällt dabei auf Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, gefolgt von Einrichtungen der Altenhilfe und des Gesundheitswesens. Parallel bemüht sich die BBfS bei der Politik um die Beseitigung eines strukturellen Nachteils: Anders als Bürgschaftsbanken für die gewerbliche Wirtschaft verfügt sie nicht über staatliche Rückbürgschaften beim Bund oder den Ländern. 1996 kann die BBfS immerhin einen Teilerfolg verbuchen: Das Land Niedersachsen übernimmt eine Einzelbürgschaft. Und 1997 stellt Nordrhein-Westfalen 10 Millionen D-Mark für Rückbürgschaften gegenüber der Bürgschaftsbank in den Landeshaushalt ein.

Die Bürgschaftsbank für Sozialwirtschaft GmbH wird 1992 mit Sitz in Köln gegründet.

Im neuen Jahrtausend normalisieren sich die Verhältnisse in den neuen Bundesländern, Ausfallbürgschaften werden weniger benötigt als noch unmittelbar nach der Wiedervereinigung. Und es zeigt sich, dass das Geschäftsmodell der Bürgschaftsbank angesichts ihrer vergleichsweise kleinen Größe und ihrer Kostenstrukturen auf Dauer nicht mehr tragbar sein würde. Im Sommer 2011 übernimmt deshalb die GLS Gemeinschaftsbank eG als alleinige Gesellschafterin sämtliche Anteile der BBfS, wenig später wird deren Geschäftsstelle von Köln in die Räume der GLS Bank nach Bochum verlegt. Im Jahr 2012 schließlich fusioniert die GLS Bank mit der BBfS, deren kurze, aber wichtige Geschichte damit zu Ende geht.

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