Die BFS übernimmt und belebt 1990 Glücksspiele zugunsten sozialer Organisationen und Einrichtungen.
1990 betritt die Bank für Sozialwirtschaft Neuland: Sie wird durch die Übernahme der „Lotterie-Organisationsgesellschaft mbH“ (L.O.G.) quasi zum Glücksspielanbieter. Der Vorläufer der L.O.G., die „Nordwestdeutsche Lotteriegesellschaft“ (NLG), führt von 1946 bis 1982 Lotterien in Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen durch. Die Erlöse der Lotterien kommen ausschließlich Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege oder gemeinnützigen sozialen Einrichtungen zugute. Bis 1976 führen viele Wohlfahrtsverbände zudem eigene Lotterien durch, dann schließen sie sich mit der Lotterie „Glückspilz“ unter dem Dach der NLG zusammen. Diese ändert 1980 ihren Namen in „Lotterie-Organisationsgesellschaft“ und konzentriert ihre Tätigkeit ab 1982 auf Nordrhein-Westfalen. Ein Jahr später bieten auch gemeinnützige Organisationen ohne Zugehörigkeit zu den Spitzenverbänden der Freien Wohlfahrtspflege über die L.O.G. die Lotterie „Glückskäfer“ an.
„Glückspilz“ und „Glückskäfer“ sorgen zunächst für steigende Umsätze. Im Laufe der Zeit wird aber deutlich, dass das Konzept, die Organisation und das Erscheinungsbild der Lotterien nicht mehr zeitgemäß sind, außerdem lässt das Engagement der durchführenden Verbände und Einrichtungen spürbar nach. Es zeichnet sich die Gefahr ab, dass die Zuwendungen für soziale Verbände und Einrichtungen aus Lotterieerlösen stark zurückgehen könnten. Mehrere Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege aus Nordrhein-Westfalen setzen sich deshalb dafür ein, einen kompetenten und leistungsfähigen Träger für die L.O.G. zu gewinnen: die Bank für Sozialwirtschaft, die bereits einschlägige Erfahrung in der finanztechnischen Abwicklung der ZDF-Lotterie „Aktion Sorgenkind“ hat. Die Bank folgte damit der jahrzehntelangen Tradition „helfen und gewinnen“.
Die BFS kommt der Bitte nach und übernimmt die L.O.G. im Januar 1990 als Tochtergesellschaft; neben dem Büro in Düsseldorf wird ein weiteres in Berlin eingerichtet. Erste Geschäftsführer der L.O.G. werden Dieter Böge und Karl Klerx – abgelöst werden sie 1991 von Jürgen Meurer und Willi Dierkes. Die L.O.G. bietet die Lotterien „Glückspilz“ und „Glückskäfer“ ab 1993 außer in Nordrhein-Westfalen in den neuen Bundesländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen an, ab 1995 auch in Niedersachsen. Außerdem sorgt zwischen 1992 und 1995 der Losverkauf in Postämtern für eine Steigerung der Erlöse. Auf diese Weise können mehr als 2.700 zusätzliche Losverkaufsstellen genutzt werden.
Die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und angeschlossene Organisationen erhalten die Lose zu einem Stückpreis von 1 D-Mark (später 50 Cent), ihr Ertragsanteil beträgt 45 Prozent – es fließen also pro verkauftem Los 45 Pfennig (25 Cent) in die Finanzierung freigemeinnütziger Arbeit. Durch Auftritte prominenter Persönlichkeiten und aktive Bewerbung der Lotterien durch Plakate und Aufkleber steigt der Bekanntheitsgrad vor der Jahrtausendwende stark an und sorgt so für eine ständige Präsenz im Gedächtnis der Bevölkerung und eine Steigerung der Losverkäufe.
Nach 2000 ändert sich – nicht zuletzt durch das Internet – das Glücksspielverhalten vieler Menschen. Dies führt zu einer negativen Geschäftsentwicklung der L.O.G., sie entwickelt sich sogar zu einem Zuschussbetrieb. Vor diesem Hintergrund entscheidet der Vorstand der Bank, die Gesellschaft aufzulösen. Die Lotterie „Glückspilz“ wird zwar noch bis etwa 2002 durchgeführt, die Gesellschaft L.O.G. wird dann aber 2005 liquidiert und aus dem Handelsregister gestrichen. Der Paritätische Wohlfahrtsverband in Nordrhein-Westfalen führt die Lotterie in Teilen fort – und die bunte Werbung bleibt noch lange in Erinnerung.
Keinen Beitrag mehr verpassen?
Von 1923 bis 2023
6 Themenschwerpunkte verweisen darauf, in welchen Rollen die Bank für Sozialwirtschaft in den letzten 100 Jahren gemeinsam mit ihren Kund*innen und Gesellschaftern gewirkt hat.