Alternative Finanzierungsinstrumente für die gemeinnützige Sozialwirtschaft sind für die Sozialbank Dauerthema
Im Zuge der Ökonomisierung der Sozial- und Gesundheitswirtschaft gewinnt vor allem in den 2000-er Jahren die Frage der alternativen Finanzierungsmöglichkeiten an Bedeutung. Durch die nachlassende öffentliche Förderung und den Wechsel von der Objekt- zur Subjektförderung wächst der Bedarf an Fremdkapital – und gemeinnützigen Trägern steht für die Finanzierung ihrer Investitionen in der Regel nur der Kredit zur Verfügung. Denn die Vorgaben des Gemeinnützigkeitsrechtes lassen zwar grundsätzlich eine Gewinnerzielung zu – aber keine Gewinnausschüttung. Zugleich wachsen die Anforderungen der Banken an die Kreditvergabe, ab 2007 durch das Inkrafttreten von Basel II noch verstärkt. Privat-gewerbliche Träger dagegen können alle Angebote des Kapitalmarktes nutzen.
2005 gibt die BFS daher bei der Wirtschafts- und Politikberatung Dr. Rothkirch und Partner die Untersuchung „Finanzierungsprobleme und Finanzierungsmöglichkeiten in der Freien Wohlfahrtspflege“ in Auftrag. Sie identifiziert anhand von leitfadengestützten Interviews und Expertengesprächen Mezzanine-Kapital, Investor-Betreiber-Modelle und Fondsfinanzierungen als neue Finanzierungsmöglichkeiten für die Wohlfahrtspflege.
Im Rahmen mehrerer Fachtagungen wird die praktische Umsetzung dieser Optionen 2006 und 2007 mit Praktikern diskutiert. Rahmenbedingungen wie die Vereinbarkeit mit dem Gemeinnützigkeitsrecht, Managementanforderungen oder Renditeerwartungen spielen dabei ebenso eine Rolle wie „weiche Faktoren“, etwa das notwendige gegenseitige Verständnis für die Besonderheiten gemeinnütziger Betreiber und die Interessen des Investors. Deutlich wird: Alle Optionen haben ein großes Potenzial, denn es gibt sowohl auf dem institutionellen Anlagemarkt als auch bei privaten Anlegern in wachsendem Umfang Kapital, das nach sinnvoller Anlage sucht.
Für die Umsetzung fehlt es jedoch auf der Seite der Investoren meist an Kenntnissen über den Sozialbereich und auf der Seite der Wohlfahrtspflege häufig an Professionalität hinsichtlich der Anforderungen institutioneller Kapitalgeber in Bezug auf Wirtschaftlichkeit, Transparenz, Management, Controlling etc. Die Erfüllung dieser Anforderungen allerdings steht ohnehin auf der Agenda der Träger, wenn sie im zunehmenden Wettbewerb bestehen wollen.
2008 bietet die Sozialbank eine konkrete alternative Finanzierungsvariante an: Sie legt den bundesweit ersten für die Sozialwirtschaft maßgeschneiderten Mezzanine-Fonds auf. Anlegern haben mit dem BFS Mezzanine Fonds die Möglichkeit, in Form von Genussrechten in gemeinnützige und nicht gemeinnützige Sozialunternehmen mit guten Zukunftsperspektiven zu investieren. Diese wiederum können über das Genussrechtskapital ihre Eigenkapitalbasis stärken. 2010 folgt der BFS Mezzanine Fonds II. Die Auflage weiterer Fonds ist aufgrund gestiegener regulatorischer Vorgaben nicht mehr möglich.
In den Folgejahren nutzt die Bank unter anderem die Plattform des zweijährlich stattfindenden Kongresses der Sozialwirtschaft, um Interessierten anhand von Best Practise Beispielen weitere realisierte Finanzierungsalternativen vorzustellen: Unter anderem die genossenschaftliche Finanzierung der VAUBANaise eG, Freiburg, Erfolgsfaktoren für Investments in Pflegeimmobilien aus Sicht des Investmentunternehmens PATRIZIA Immobilien AG, Augsburg, und wirkungsorientiertes Investment in Sozialunternehmen bei der Finanzierungsagentur für Social Entrepreneurship (FA-SE), München.
Mit dem BFS-Report „Erfolgsfaktor Kapital in der Sozialwirtschaft“ beleuchtet die Bank für Sozialwirtschaft 2018 den Konsolidierungs- und Konzentrationsprozess in der Sozialwirtschaft und die unterschiedlich ausgeprägten Möglichkeiten gemeinnütziger und privat-gewerblicher Träger, die Finanzierungsinstrumente des Kredit- und Kapitalmarkts zu nutzen.
Im Rahmen einer strategischen Kooperation ergänzen die Bank für Sozialwirtschaft und die IMMAC group im Juni 2022 das Segment der geschlossenen Spezialimmobilienfonds für die Sozial- und Gesundheitswirtschaft um neue Varianten. Im Fokus stehen die Bedürfnisse der gemeinnützigen Eigentümer- und Betreiber-Kunden der BFS. Im Oktober 2022 wird die BFS Mitinitiator und Ankerinvestor des Frühphasen-Venture-Capital-Fonds Human Impact Capital (HIC). Der Fonds investiert in soziale Startups in den Kernbereichen Gesundheit, Wohnen und Bildung. Er befolgt strenge Nachhaltigkeitskriterien und misst die soziale Wirkung der Investitionen.
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