MeilensteineGeschichte 053

Pioniere in den neuen Ländern

In Sachsen und Thüringen etabliert sich die Bank für Sozialwirtschaft als Beraterbank

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Am 1. August 1992 ist die Sozialbank in Premierenstimmung: In der Löhrstraße 10 in Leipzig wird die erste Geschäftsstelle im Osten Deutschlands eröffnet. Nach langwieriger Raumsuche inklusive Klärung von Eigentumsverhältnissen, nach Umbau und Personalgewinnung ist es endlich so weit: Die Beratungsangebote in Leipzig werden um Bankleistungen ergänzt. Bedarf besteht auf Jahre hinaus für Beides. Denn die Kenntnisse zu kaufmännischen und Finanzierungsfragen sind in der früheren DDR weiterhin ausbaufähig. Zugleich beginnen die Erstellung  von Neu- und Ersatzbauten sowie umfangreiche Sanierungen sozialer Einrichtungen – und diese können nicht ausschließlich über Fördermittel, sondern müssen auch über Kredite finanziert werden. Die Sozialbank begleitet überall: Schon am 1. Oktober 1992 eröffnet sie eine weitere Geschäftsstelle in Dresden und am 1. Januar 1993 eine Repräsentanz in Erfurt.

Kundenwünsche werden weit über Kredite hinaus erfüllt

Das Eröffnungsteam der Geschäftsstelle Leipzig 1992

Fünf Jahre nach ihrem Start bezieht die Geschäftsstelle größere Räume in der Zimmerstraße 3 in Leipzig. Dieter Thamm, von 1992 bis 2001 Geschäftsstellenleiter, begrüßt die Kunden zur Eröffnung.

Stephan Sperling baute nach der Wende von der Geschäftsstelle Hannover aus zunächst das Geschäft in Sachsen-Anhalt auf. 1996 wird er der erste Geschäftsstellenleiter der BFS in Magdeburg, ab 2002 verantwortet er die Geschäftsstellen in Leipzig und Dresden, und bis 2022 ist er als Regionaldirektor Ost für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zuständig.

Im Rahmen des Sommerfestes der Geschäftsstelle Leipzig übergab Stephan Sperling (2.v.r.) gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden Prof. Dr. Harald Schmitz (l.) und Enrico Meier (r.), Direktor Geschäftsbereich Markt, im August 2022 den „Schlüssel“ an Isabel Rost, die neue Regionaldirektorin Ost.

Ein Interview mit Stephan Sperling

Ein Interview anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Geschäftsstelle Leipzig finden Sie hier.

Zum Interview

In den Folgejahren ist die BFS eine zentrale Ansprechpartnerin für die Wohlfahrtspflege in Sachsen und Thüringen. „Wir sind Kunde bei einer Sparkasse, aber bei Ihnen möchten wir Mitglied werden“, zitiert der erste Geschäftsstellenleiter in Leipzig, Dieter Thamm, eine typische Bemerkung eines Kunden bei der Kontoeröffnung. Die Kunden möchten nicht nur einen Kredit: Sie benötigen Hinweise zu Richtlinien, öffentlichen Mitteln und behördlichen Zuständigkeiten - und sie wollen gemeinsam mit der Bank die Gesamtfinanzierung auf die Beine stellen.  Die Sozialbanker vor Ort helfen, wo sie können: Sie realisieren Zahlungsverkehrsverbindungen und Kredite; sie bieten Kundenveranstaltungen zu Themen wie Steuer- und Gesellschaftsrecht, Sozial- und Wohlfahrtspolitik oder Erschließung von Geldquellen an; sie organisieren in Leipzig einen Fundraising-Stammtisch und in Dresden einen Arbeitskreis „Controlling“ – und sie bündeln den Bedarf an kaufmännischen Grundlagenwissen der Akteure in einem neunwöchigen berufsbegleitenden Lehrgang zum „Sozialkaufmann“, der ab 1993 in Kooperation mit verschiedenen Bildungsträgern mehrfach durchgeführt wird.

Die zentrale Rolle der Bank spiegelt sich auch in einem schnellen Wachstum der Geschäftsvolumina. Potenzielle Kunden werden aktiv angesprochen;  zahlreiche Kontakte kommen auch über Empfehlungen. Im Kreditbereich besonders nachgefragt werden Programme der öffentlichen Banken KfW und Deutsche Ausgleichsbank (DtA), die mit vorteilhaften Konditionen Investitionen von Einrichtungen der Freien Wohlfahrtspflege in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin fördern. 

Wir schätzen die partnerschaftliche Arbeit mit der BFS im eigentlichen Wortsinn – eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe –, vertrauensvoll und fachkompetent. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bank für Sozialwirtschaft erfüllen unsere Vorstellungen von guter Betreuung. Sie begleiten uns im Alltag ebenso wie bei neuen Projekten und Ausschreibungen, geben Rat und Hilfestellung.

Marion ZimmermannGeschäftsführerin des ASB Regionalverbandes Leipzig e.V. von 1990 bis 2021

Neue Entwicklungen im Osten fordern hohe Veränderungsbereitschaft aller

Bald wird deutlich, dass sich die Sozialbank die Frage beantworten muss, ob sie im Osten Deutschlands allein die Bank der Freien Wohlfahrtspflege bleiben will oder sich - stärker als zu dieser Zeit im Westen - auch für andere Kundengruppen im Sozialbereich öffnet. Denn die Wohlfahrtsverbände stehen nach der Wende von Anfang an mit anderen Interessenten im Wettbewerb um die Trägerschaft sozialer Einrichtungen; das „Subsidiaritätsprinzip“ – d.h. die gesetzlich verankerte „bedingte Vorrangstellung“ der Freien Wohlfahrtspflege – wird in den neuen Bundesländern nicht gelebt.

Die Pioniere der Sozialbank in den neuen Ländern meistern auch diese Herausforderung erfolgreich: Sie gehen alle Veränderungen mit. Dabei erweist es sich als sehr hilfreich, dass schon 1995 der überwiegende Teil der Mitarbeiter*innen in den neuen Geschäftsstellen aus dem Osten Deutschlands kommt. Die Mischung aus Kompetenz in bankfachlichen wie sozialwirtschaftlichen Fragestellungen und Kreativität beim Finden einer Lösung, die eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten darstellt, wird bis heute gelebt und von den Kunden in Leipzig, Dresden und Erfurt sehr geschätzt.

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